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Bildstock

der Familie Bürger, Südring


Liebe ist die Fähigkeit und Bereitschaft,
den Menschen, an denen uns gelegen ist,
die Freiheit zu lassen, zu sein,
was sie sein wollen,
gleichgültig, ob wir uns damit
identifizieren können
oder nicht.

George Bernard Shaw, irischer Dramatiker 1856 - 1950


Weitere Erläuterungen zusammengestellt von Ortsheimatpfleger Gerhard Henneke
Weihnachten 2019

Lage nach Straßenbezeichnung: Südring 8
Geographische Lage nach Google Earth: 51°32'52.72'' N 8°19'28.38'' O
Höhe ü.N.N. 235 m

Allgemeines, Programmablauf der Restaurierung, Finanzierung und Quellennachweis klicke hier

Der Bildstock steht unter Denkmalschutz und ist von der Fa. Berghoff Rüthen restauriert worden.
Die von der Gemeinde Anröchte in den Jahren nach 1980 eingesetzte Kommission zur Erfassung aller denkmalwürdigen Bauwerke schreibt folgendes:

Der spätbarocke Bildstock gehört zum anliegenden Gehöft Bürger/Schulte-Hermvahr.
Im Feld des Kopfbogens ist beidseits eines Engelkopfes die Jahreszahl der Entstehung
1717
angebracht. Im Sockel befindet sich nachfolgende Widmungs- und Stifterinschrift:

ZU EHREN DES
HEILIGEN PANCRATII
IST DIESES GOTTES(-)
HAUS VON DER
LÖBLICHEN GEMEINHEIT
ANRÖCHTE AUFFGEBAUET
(May) den 12. 1717

Am Festtag ihres Kirchenpatrons (12.Mai) ließ die Dorfgemeinschaft (= Pfarrgemeinde) Anröchte folglich den Bildstock errichten.
Ursprünglich befand sich sein Standort vor der einstigen Hofstelle Schulte-Hermvahr an der Kliever Straße in der Ortsmitte. Das dortige Gehöft fiel im Jahr 1956 vollständig einem Brand zum Opfer. Nach der Aussiedlung und Wiedererrichtung fand auch der Bildstock -wie in der Zeit vor dem Brand- nun auch an der neuen Hofstelle wieder seine Aufstellung, mit Ausrichtung zur zugehörigen Pfarrkirche.
Der Anlass für die Stiftung war das 100-jährige Gedenken an den Ausbruch der Pest im Jahr 1615 in Anröchte, die vermutlich bis 1617 andauerte. An der Seuche, deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten noch völlig unbekannt waren und die als "Gottesstrafe" empfunden wurde, starben damals bei einer Anröchter Gesamtbevölkerung von ca. 690 Personen etwa 20-30 Prozent der Einwohnerschaft - eine furchtbare Katastrophe, die auch noch 100 Jahre später im Bewusstsein der Dorfgemeinschaft lebendig war.
An seinem ursprünglichen Standort bildete der Bildstock im alljährlichen Wechsel mit dem ihm gegenüber stehenden, heute noch vorhandenen Bildstock an der Kliever Straße bis 1956 die 4. Station der Anröchter Lobeprozession, die vermutlich in Erinnerung und zum Gedenken an die Seuchenkatastrophe damals Anfang des 18. Jh. eingeführt wurde.
Zudem steht das Monument in engem, zeitlichem und ursprünglich-funktionalem Zusammenhang mit einem weiteren Bildstock in einer Streuobstwiese nördlich des Reuterhofes an der Belecker Straße/ L 734 (vgl. die dortige Inschrift). Denn auch dieser dient dem Gedenken an eine andere Jahrhundertkatstrophe, die über das Dorf hereinbrach u. deshalb ebenfalls als erinnernde Mahnung von der "Gemeinheit Anrochte" [=Pfarrgemeinde] gestiftet u. errichtet wurde. Beide Objekte stammen vermutlich auch von der Hand desselben Anröchter Steinmetzes.
In der 1. Hälfte des 18. Jh. kam es offensichtlich zu einer Neuordnung des Prozessionswesens in Anröchte. Dies war vermutlich motivierender Anlass für die Dorfgemeinschaft Anröchte (=Pfarrgemeinde), diesen Bildstock von 1717 und 5 Jahre später auch den am Reuterhof zu stiften und in ihre neuen Bittgänge einzubeziehen.

Quellen:
Juckenhöfel, Elisabeth u.a., Bildstöcke in Geschichte u. Brauchtum unserer Gemeinde, Anröchte 1984, S. 119f
Müller, Helmut, Anröchte - Geschichte seiner Ortschaften von den Anfängen bis um 1899, Lippstadt 1993, S. 191

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