Gedenk-Stele

für Blindgänger-Opfer Josef Weber vor 75 Jahren

11. Juni 2020

Wie immer: zum Vergrößern Bilder anklicken!

Aus Anlass der 75-jährigen Wiederkehr eines tödlichen Dramas wurde jetzt am Rand des Mellricher Waldes eine Gedenkstele aufgestellt, die an den Tod des Schülers Josef Weber erinnert. Dazu versammelten sich insbesondere Uelder Bürger. Ortsheimatpfleger Gerhard Henneke aus Mellrich hatte das damalige schreckliche Geschehen aufgegriffen und die Initiative verwirklicht eine etwas besondere Holzstele mit Gedenkplatte aufzustellen.
Bei der Stele handelt es sich um einen Eichenbalken, der als Baum im Jahr 1680 gepflanzt und im Jahr 1823 gefällt wurde, um im gleichen Jahr zum Bau der Pfarrscheune in Mellrich genutzt zu werden. Im Jahre 2010 wurde der Balken als Teil einer Fachwerkwand ausgebaut. Nun nach weiteren 10 Jahren findet der Balken eine wiederum sinnvolle Verwendung, als Stele für Josef Weber.
Es war 2 Wochen nach der Erstkommunionfeier, als der 9-jährige Schüler Josef Weber mit seinen Eltern Clemens u. Elisabeth Weber kurz nach Kriegsende am Montag, dem 11. Juni 1945 durch den Mellricher Wald ging. Man wollte sich umsehen, ob die Möglichkeit des Holzsammelns gegeben war. In Sichtnähe seiner Eltern kletterte der 9-Jährige auf ein Wildschutzgatter und beobachtete das Tun seiner Eltern, wie sie nach Brennholz Ausschau hielten, denn das Kriegsende brachte für viele Familien die Not ins Haus und so war man gezwungen nach günstigen Heiz- und Kochmöglichkeiten frühzeitig Ausschau zu halten. Die großen Waldbestände des Freiherrn von Fürstenberg boten da ausreichend Möglichkeiten des Holzerwerbs. Josef Weber saß auf dem Zaun, wie es Jungen ähnlich war, während seine jüngeren Schwestern Elisabeth und Renate, damals 7 u. 3 Jahre, zu Hause verwahrt wurden. Gerne hatte Josef Weber immer wieder die Armbanduhr der Mutter getragen, die sie auch an diesem Montag-Nachmittag trug. Josef rief zur Mutter hinüber, ob er ihre Uhr mal selbst am Arm tragen dürfte. Als Mutter dann nickte, sprang er vom Zaun und direkt auf einen bis dahin unentdeckten Blindgänger, der sogleich explodierte und den Jungen tötete. Auch die Eltern bekamen Bombensplitter ab, die sie zeitlebens in sich trugen. Die Explosion war im nahegelegenen Uelde zu hören, und die Nachricht stürzte das ganze Dorf in tiefe Trauer. Wie sich die beiden Schwestern Elisabeth und Renate heute an Erzählungen ihrer Eltern erinnern, wurde mit Hilfe eines Nachbarn und dessen Einspänner (kleiner Wagen mit einem Pferd bespannt) dann der Leichnam und die gesammelten Leichenteile ins Elternhaus geholt und dort aufgebahrt. Wenige Tage später erfolgte dann die Bestattung auf dem Friedhof in Mellrich. Der Mellricher Wald war zum Ende des Krieges heftig in viele Kampfhandlungen verwickelt, als die späteren Siegermächte herausgefunden hatten, dass dort ein Munitionsdepot, vor Angriffen versteckt, angelegt war. Viele Bombenabwürfe erfolgten, um das Depot auszuschalten und alles zu vernichten. Natürlich explodierten nicht alle Bomben, so dass einige Blindgänger auf dem Waldboden, von Kräutern und Grün überdeckt, lagerten. Es muss schlimm in den betroffenen Waldabteilungen ausgesehen haben und noch später beim Fällen der schlagreifen Bäume kamen immer wieder Bombensplitter zu Tage, die für den Sägemüller ein Alptraum waren; zerstörten sie doch seine Säge. Augenzeugen berichten auch, daß in den Waldgebieten Flugzeuge abgestürzt sind und die Zivilbevölkerung einerseits bemüht war, den Abgestürzten Hilfe zu leisten, andererseits sie sich aber auch die Fallschirmjägerseide der Wehrmacht zu eigen zu machten, in dieser Zeit der Not. Recherchen haben ergeben, dass der damalige Eigentümer des Gutes Schloss Eggeringhausen, Lothar Freiherr von Fürstenberg, in einem Brief an seine Verwandten am 23.3.1946 die Zustände im Wald beklagte. Überall hätten Soldaten durch Sprengungen und Nachsprengungen von deutschen Bomben im Munitionsdepot im Wald viel Schäden am Wald angerichtet. Es sei fürchterlich und grauenhaft, die z.T. 6-7 Meter tiefen Bombentrichter anzuschauen und es sei kaum vorstellbar, wie man diese betroffenen Bereiche wieder aufforsten könne. In den Jahren um 1960 wurde dann von der Regierung in Arnsberg eine flächenmäßig umfassende Absuche des Waldes auf Bomben und sonstige Kriegshinterlassenschaft veranlasst, die Uelder Bevölkerung hat dabei so manche Sprengung gehört. Noch heute sieht man im Wald vereinzelt einige Vertiefungen, die als Bombentrichter verstanden werden können.
Text: Gerhard Henneke; Fotos: Diergarten

Hier finden Sie weitere Bilder.